30. Sept. 2019

Interview zum SGIcongress 2019 in Burgdorf

Burkhardt/Mühlemann

ZZS: «Implantologie heute – die Kluft zwischen Evidenz und Praxis» ist das vielversprechende Kongressthema. Welche Diskrepanz besteht denn konkret?
Burkhardt: Vor mehr als 25 Jahren wurde die evidenzbasierte Medizin beschrieben als «der gewissenhafte, ausdrückliche und umsichtige Gebrauch der aktuell besten Beweise für Entscheidungen in der Versorgung eines Patienten». Auch in der Zahnmedizin trug dieser Ansatz aus der klinischen Epidemiologie zur Klärung vieler fachlicher Problemstellungen bei. Die Anwendung der evidenzbasierten Zahnmedizin im Klinikalltag erweist sich jedoch als deutlich schwieriger, denn häufig befassen sich Studien mit einer spezifischen Problemstellung, welche klinisch nur wenig relevant ist oder die Evidenz erweist sich als unanwendbar oder ungeeignet für einen speziellen Patienten. Wir möchten deshalb am diesjährigen SGIcongress diese Kluft zwischen Evidenz und Praxis in der Implantologie näher untersuchen und gleichzeitig auch zeigen, wie wichtig das Vertrauen in die eigenen klinischen Kompetenzen ist.

ZZS: Welche Schwerpunktthemen werden unter die Lupe genommen?
Burkhardt: Unser Kongress befasst sich mit Themen in der Implantologie, die einerseits unter uns Zahnärzten aktuell häufig diskutiert werden und andererseits auch in wissenschaftlichen Fachzeitschriften sehr populär sind. Das Thema der Keramikimplantate gehört sicherlich zu diesen «heissen Eisen». Die wissenschaftlichen Daten zeigen positive Resultate und trotzdem gehören Keramikimplantate bei uns noch nicht zum klinischen Alltag.

Mühlemann: Weitere spannende Themen mit der von uns wahrgenommen Kluft sind die «geführte Implantation», die «digitale Abformung» und die «Sofortimplantation». Bei all diesen Themen wird zuerst die vorhandene, wissenschaftliche Evidenz anschaulich zusammengefasst und anschliessend aufgezeigt, ob und wie diese in den Klinikalltag integriert werden kann. Es wird spannend sein, wie namhafte Referenten diese Diskrepanz erklären werden.

ZZS: Am Freitag wird es erstmals Workshops geben. War die Nachfrage danach so gross, dass Sie sich nun für dieses Zusatz-Angebot entschieden haben?
Burkhardt: Unsere klassischen Kongresse vermitteln theoretisches Wissen und sollen helfen, Vertrauen in die eigenen klinischen Kompetenzen zu gewinnen. Zu diesen Kompetenzen zählen auch die praktischen Fähigkeiten. In den Workshops zu den Themen «Diagnostik & Planung», «Digitale Prothetik» und «Wundstabilität & Nahttechnik» werden klinische Fallbeispiele aus praktischer Sicht beleuchtet und mit Übungen wird das theoretische Grundwissen vertieft. Da wir diese Workshops zum ersten Mal durchführen, glauben wir auf grosses Interesse zu stossen.

ZZS: Herr Dr. Mühlemann, einer Ihrer Vorträge befasst sich mit dem neuen digitalen SGI Zahnimplantat-Pass. Können Sie unseren Lesern heute schon verraten, was es damit auf sich hat?
Mühlemann: Die SGI engagiert sich auch für die Information der Bevölkerung über die Chancen und Möglichkeiten der Implantologie. In diesem Zusammenhang hat die SGI neu den digitalen Zahnimplantat-Pass entwickelt. Der SGI ist es ein Anliegen, dass Patienten lebenslang wissen, welche Implantate und welche Biomaterialien bei ihnen eingesetzt wurden. Patienten können dank dem digitalen SGI Zahnimplantat-Pass diese wichtigen Informationen kostenfrei und sicher speichern. Am Kongress werden wir aufzeigen, wie der elektronische Zahnimplantat-Pass funktioniert und wie Mitglieder der SGI exklusiv davon profitieren können.

ZZS: Welchen Nutzen hat der Privatzahnarzt von der Teilnahme am Kongress?
Burkhardt: Die Implantologie ist heute ein Fachgebiet, mit dem jeder Privatpraktiker konfrontiert ist, auch wenn er oder sie selber keine Implantate setzt. Die Schwerpunktthemen wurden bewusst ausgesucht, da sie unter Zahnärzten zu kontroversen Diskussionen führen. Hier ist es hilfreich die wissenschaftlichen Fakten zu kennen, um auch selber in den spannenden Diskurs mit Fachkollegen treten zu können.

Mühlemann: Wichtig ist es auch zu erfahren, ob und in welcher Form dieses Wissen in den klinischen Alltag integriert werden kann und was für Voraussetzungen gegeben sein müssen. Der Kongress dient jedem Kollegen dazu, seine Patienten aufgrund aktueller Daten aufklären zu können und auch darlegen zu können, warum beispielsweise eine neue Technik noch nicht in die Praxis integriert wurde. Die Argumente werden unsere Referenten mit Bestimmtheit liefern.

ZZS: Und weshalb sollte man den Kongress auf keinen Fall verpassen?
Burkhardt: Diese Form der direkten Gegenüberstellung von wissenschaftlicher Evidenz und klinischer Praxis hat es bisher so noch nicht gegeben. Die SGI setzt damit weiterhin auf innovative Kongressformate, um die Attraktivität der Fortbildungen für alle Privatpraktiker zu steigern. Neben dem fachlichen Austausch fördert die SGI auch den kollegialen Austausch. So bieten wir am Freitagabend ein Network-Dinner an, bei dem wir mit musikalischer Unterhaltung Speis und Trank genies-sen werden. Wir freuen uns auf viele persönliche Kontakte.

ZZS: Vielen Dank, wir wünschen Ihnen viele Teilnehmer und einen erfolgreichen Kongress.

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