«DentalhygienikerInnen sind unverzichtbar geworden»
Nach neun Jahren an der Spitze von Swiss Dental Hygienists zieht Conny Schwiete, scheidende Zentralpräsidentin von Swiss Dental Hygienists, Bilanz. Im Interview spricht sie über die Entwicklungen des Berufs, räumt mit verbreiteten Mythen auf und skizziert die grössten Chancen für die Zukunft.

Frau Schwiete, Sie blicken auf neun Jahre als Zentralpräsidentin von Swiss Dental Hygienists zurück. Welche Entwicklungen sind Ihnen besonders aufgefallen, wenn Sie auf die Situation der DentalhygienikerInnen in der Schweiz schauen?
Schwiete: In den vergangenen Jahren konnten wir als Berufsverband vieles bewegen. Die dipl. Dentalhygieniker*innen HF haben sich als unverzichtbare Fachpersonen für die Erhaltung der Mundgesundheit etabliert. Das Bewusstsein für die Bedeutung der präventiven Zahnmedizin ist sowohl bei PatientInnen als auch im zahnärztlichen Team deutlich gewachsen. Gleichzeitig bestehen nach wie vor gewisse Mythen und Missverständnisse, denen wir mit faktenbasierten Informationen begegnen.
Lohnvorstellungen
Ein verbreitetes Vorurteil lautet, DentalhygienikerInnen hätten oftmals unrealistische Lohnvorstellungen? Wie begegnen Sie dieser Aussage?
Schwiete: Diese Aussage höre ich immer wieder, sie greift jedoch zu kurz. Swiss Dental Hygienists führt regelmässig umfassende Lohnerhebungen durch, deren Ergebnisse die tatsächlichen Marktverhältnisse widerspiegeln und Klarheit für beide Seiten schaffen. Natürlich gibt es, wie in jeder Berufsgruppe, individuelle Unterschiede. Pauschale Urteile über «unrealistische Vorstellungen» sind jedoch nicht zielführend. Unser Anliegen ist eine faire, marktgerechte Entlohnung, die sowohl dem hohen Ausbildungsniveau als auch dem wichtigen Beitrag der DentalhygienikerInnen zur Praxisqualität gerecht wird.
Teilweise wird auch behauptet, der Lohn stehe in keinem Verhältnis zur Tätigkeit. Wie sehen Sie das?
Schwiete: Das hängt stark davon ab, wie die Kompetenzen in der Praxis genutzt werden. DentalhygienikerInnen bringen ein breites Fachwissen und vielseitige Kompetenzen mit. Wenn diese vollumfänglich eingesetzt werden, profitieren Praxen von effizienteren Abläufen, zufriedeneren PatientInnen und letztlich auch wirtschaftlich. Unser Verband setzt sich dafür ein, dass dieses Potenzial bestmöglich genutzt wird.
Fachkräftemangel
DentalhygienikerInnen sind auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt und mitunter wird thematisiert, es gebe nicht genügend Fachkräfte. Wie schätzen Sie die Situation ein?Schwiete:Die Situation wird häufig verkürzt dargestellt. Es gibt punktuell Herausforderungen insbesondere durch sich verändernde Aufgabenverteilungen innerhalb von Praxisteams. Aus unserer Sicht liegt viel Potenzial in einer gezielten Patientenzuteilung: Wenn jede Fachperson ihr Kernkompetenzen optimal einbringen kann, profitieren sowohl PatientInnen als auch Praxen. Es braucht einen bewussten Umgang mit den vorhandenen Ressourcen, nicht nur mehr Personal.
Teamarbeit
Auch die Zusammenarbeit im Team ist immer wieder Thema. Welche Bedeutung messen Sie einem konstruktiven Miteinander im Praxisalltag bei?
Schwiete:Die Zusammenarbeit im Team ist zentral. Jede Berufsgruppe hat ihre klar definierte Rolle. DentalhygienikerInnen sind sich ihrer Verantwortung bewusst und schätzen gleichzeitig die Kompetenzen anderer Fachpersonen. Entscheidend ist eine respektvolle, zielgerichtete Teamarbeit. Klare Aufgabenverteilungen – wie sie im Positionspapier «Die interprofessionelle Parodontalbetreuung in der Schweizer Zahnarztpraxis» der Schweizerischen Gesellschaft für Parodontologie (SSP) definiert wurden – tragen wesentlich zu einem erfolgreichen Miteinander bei.
Weiterbildung
Welche Rolle spielt die Weiterbildung für DentalhygienikerInnen? Es heisst gelegentlich, sie lohne sich für Praxen kaum.
Schwiete: Das Gegenteil ist der Fall. Weiterbildung ist entscheidend, um die Qualität der Versorgung sicherzustellen. Die Medizin entwickelt sich rasant weiter, aktuelle Fachkenntnisse sind unverzichtbar. Gut ausgebildete DentalhygienikerInnen bringen messbare Vorteile für Praxen: effizientere Abläufe, zufriedene PatientInnen und weniger Komplikationen. Wir setzen uns deshalb klar für eine Weiterbildungspflicht für DentalhygienikerInnen ein – sie ist eine Investition in Qualität und Zukunftssicherung. Basis dazu bilden die Qualitätsrichtlinien von Swiss Dental Hygienists: jedes Aktivmitglied von Swiss Dental Hygienists kann das Qualitäts-Zertifikat erwerben und damit seine Fachkompetenz sichtbar machen.
Manche PraxisinhaberInnen entscheiden sich aus Kostengründen eher für Prophylaxe-AssistentInnen als für DentalhygienikerInnen. Wie stehen Sie dazu?
Schwiete: Betriebswirtschaftliche Überlegungen sind nachvollziehbar. Entscheidend ist aber, dass die PatientInnen bedarfsgerecht betreut werden. Dentalhygieniker-Innen bringen spezifische Kompetenzen mit, insbesondere in der parodontalen Betreuung. Diese unterscheiden sich deutlich von jenen der Prophylaxe-AssistentInnen. Wird der/die DentalhygienikerIn gezielt eingesetzt, zahlt sich dies für die Praxis in jeder Hinsicht aus – sowohl qualitativ als auch wirtschaftlich.
Blick in die Zukunft
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Dentalhygiene in der Schweiz?
Schwiete: Mein Wunsch ist klar: Dass wir weiter auf einen respektvollen, kollegialen Austausch zwischen allen Berufsgruppen setzen und gemeinsam die Patientenversorgung weiterentwickeln. Die DentalhygienikerInnen haben in den letzten Jahren eindrücklich bewiesen, welchen Mehrwert sie für die Mundgesundheit der Bevölkerung leisten. Dies sollte auch politisch anerkannt werden – durch eine stärkere Einbindung in gesundheitspolitische Diskussionen und eine zeitgemässe Regulierung der Berufsausübung. Wenn wir weiterhin gemeinsam vorangehen, bleibt die Zahnmedizin in der Schweiz auch in Zukunft auf einem Spitzenplatz.
Vielen Dank, Conny Schwiete, für das Gespräch und für Ihr grosses Engagement in den vergangenen Jahren.
Swiss Oral health Day
Unter dem Motto «Proud Past – Bright Future» feiern die Swiss Dental Hygienists am 14. November 2025 ihr 50-jähriges Jubiläum im Stadion Wankdorf in Bern.
Was 1975 mit einer kleinen Gruppe engagierter Pionierinnen begann, ist heute zu einem starken, schweizweit verankerten Berufsverband mit über 2000 Mitgliedern gewachsen. Gemeinsam wurde in den 50 Jahren sehr viel bewegt.
In spannenden Vorträgen wird die Entwicklung der Dentalhygiene in der Schweiz beleuchtet . Es gibt jedoch nicht nur einen Blick zurück, sondern es wird auch über aktuelle Fragestellungen referiert und diskutiert:
- Welche Möglichkeiten und Risiken bringt der Umgang mit Social Media für die Zahnarztpraxis mit sich?
- Was ist rechtlich auf Social Media erlaubt und wo lauern Stolpersteine?
- Wie hilft uns eine kluge Rückschau in unserer Timeline, die Vergangenheit und Gegenwart zu verknüpfen, um eine erfolgreiche Zukunft zu gestalten?
Als Referentinnen und Referenten sind dabei:
Bernita Bush Gissler
Dr. Thomas Liechti
Dr. Esther Pauchard
Remco Livain
Conny Schwiete
Agi Wee
Agatha Wierzbanowski
Loïc Schülé
Datum
14. November 2025, ab 9 Uhr
Ort
BSC Young Boys, Stadion Wankdorf
Papiermühlestrasse 71, 3014 Bern
Anmeldung
Swiss Dental Hygienists
Bahnhofstrasse 7b, CH-6210 Sursee
Tel. +41 41 926 07 90
info@dentalhygienists.swiss
www.dentalhygienists.swiss
