18. Dez. 2023Kongress

Interdisziplinär, innovativ und interaktiv

Interdisziplinäre Therapien, regenerative Parodontologie, multidisziplinäre Ansätze und Weichgewebsdefekte an Zahn und Implantat – das waren die Topics der 52. Jahrestagung der SSP in Baden. Rund 300 TeilnehmerInnen waren gekommen, um Fachvorträge und Falldiskussionen zu verfolgen und die zwei Tage zum Netzwerken mit parodontologisch interessierten KollegInnen zu nutzen.

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Der Donnerstagmorgen begann mit der interdisziplinären Betrachtung bei Parodontitis Stage IV. Die Komplexität aus parodontologischer Sicht beleuchtete Dr. Norbert Cionca (Genf) und stimmte auf die Problematik ein. Da es sich nicht nur um ein Zahnfleisch- oder Knochenproblem handelt, ist ein multidisziplinärer Ansatz erforderlich. Die Besonderheiten der Ortho-Paro-Beziehung waren das Thema von Dr. Dimitros Kloukos (Bern). Er sprach über die Zusammenhänge, Diagnostik und Komplexität.

Oralchirurgie und Implantologie

Die Rolle der Oralchirurgie und Implantologie in Stage IV wurde thematisiert von Dr. Luca Cordaro aus Rom. Er zeigte Behandlungsoptionen mit Implantaten und Knochenrekonstruktionen auf. Ein runder Abschluss zum Thema Stage IV gelang Prof. Dr. Nicola Zitzmann (Basel), die sich mit der prothetischen Versorgung bei Patienten mit reduziertem Attachment und Zahnverlust befasste. Die Rehabilitation von Patienten vor, während und nach erfolgreicher PA-Therapie stellt oft eine grosse Herausforderung dar und umfasst das gesamte Gebiet der festsitzenden und herausnehmbaren Prothetik. Da geht es um Lückenschluss, Kaufähigkeit, Entzündungsfreiheit und eine gute Langzeitprognose der Pfeilerzähne, um für den Patienten eine erfolgreiche Rekonstruktion zu erreichen.

Was bringen Heilungsbeschleuniger?

Die Vorträge am Nachmittag beschäftigten sich mit Heilungsbeschleunigern in der regenerativen Parodontologie. Es stand die Frage im Raum, ob diese nur gut sind für das Gewissen oder tatsächlich auch gut für das Gebiss!? Dr. Liza Ramenzoni (Zürich) startete mit einer kurzen Einführung zu den Grundlagen anhand eines Fallbeispiels. Wie Schmelzmatrixproteine helfen können, die parodontale Heilung zu fördern, darüber wusste Prof. Dr. Søren Jepsen (Bonn) spannendes zu berichten – seit ihrer Einführung sind bereits 25 Jahre vergangen. Jepsen zeigte in seinem Übersichtsvortrag den biologischen Hintergrund, die histologische Evidenz sowie relevante Indikationen und hochwertige Studien, Meta-Analysen und Leitlinien-Empfehlungen.

Wie können Hyaluronsäure und PRF helfen?

Eine Alternative sind Produkte mit Hyaluronsäure. Darüber wusste Prof. Dr. Anton Friedmann (Witten) eindrucksvoll zu berichten. Sein Vortrag ging auf die Erkenntnisse zur Anwendung von vernetzter Hyaluronsäure neuerer Zeit ein. Die Ergebnisse aus in-vitro und präklinischen Studien wurden besprochen und klinische Studien zur chirurgischen und nicht-chirurgischen adjuvanten Anwendung vorgestellt. Eine weitere Möglichkeit bietet Platelet Rich Fibrin (PRF). Prof. Dr. Richard J. Miron aus Florida verfügt über einen grossen Erfahrungsschatz auf diesem Gebiet, den er mit dem Auditorium teilte. Den Abschluss der Session bildete eine Podiumsdiskussion mit allen Referenten zu verschiedenen Fallbeispielen. Direkt im Anschluss ging es gemeinsam zum Apéritiv riche im Foyer der Ausstellung. Dort wurden die Diskussionen fortgesetzt oder einfach auf ein Wiedersehen angestossen.

Multidisziplinäre Session

Das Eröffnungsreferat am Freitagmorgen hielt Dr. Chun Ching Liu (Zürich) und gab damit den Startschuss für die Referate zum Thema «Multidisziplinärer Ansatz für ästhetische Probleme bei PA-PatientInnen». Über die restaurative Zahnheilkunde sprach Prof. Dr. Hans Jörg Stähle aus Heidelberg. Bei ihm ging es speziell darum, was bei der Behandlung von schwarzen Dreiecken zu beachten ist. Zahnzwischenräume werden nicht immer vollständig von den Papillen ausgefüllt, was insbesondere bei parodontalen Erkrankungen, Zahnfehlstellungen oder auch bei Zahnverlust zu Problemen zwischen roter und weisser Ästhetik führen kann. Bei den praktischen Hinweisen zur Behandlung wurde u.a. auf Non-Prep-Bridges eingegangen. Auch die Reinigung der Zahnzwischenräume wurde thematisiert und es wurden Interdentalraumbürsten mit flachem Querschnitt für die subgingivale Reinigung empfohlen.

Rekonstruktive Zahnmedizin

Mehr zur rekonstruktiven Zahnmedizin gab es im Referat von PD Dr. Alexis Ioannidis (Zürich). Sein Thema war die Bedeutung eines minimalinvasiven Vorgehens bei indirekten Versorgungen am parodontal geschädigten Patienten. Bei parodontal gefährdeten Zähnen ist das jedoch eine Herausforderung. Eine individuelle Entscheidungsfindung ist notwendig. PD Ioannidis befasste sich mit den Herausforderungen und gab einen Einblick in die Prinzipien.

KFO und Parodontologie

Nach der Kaffeepause folgte Dr. Alberto Fonzar aus Udine in Italien. Er sprach über die Vorteile und Grenzen von kieferorthopädischen und parodontalen Kombinationsbehandlungen. Es war eine selbstkritische Analyse seines bisherigen Behandelns, da er heute anders denkt und mehr Kieferorthopädie braucht als früher.

Update Weichgewebsdefekte

Nach der Mitgliederversammlung und zahlreichen Preisverleihungen ging es weiter mit einem Update zu Weichgewebsdefekten an Zahn und Implantat. Moderiert wurde die Session von PD Dr. Kai Fischer (Zürich). Er leitete gekonnt über zum ersten Referat von Prof. Dr. Anton Sculean, der aufzeigte, was bei der Rezessionsdeckung am Zahn möglich ist und wo die Grenzen liegen. Er zeigte eindrücklich, dass eine vorhersagbare Behandlung von einzelnen und mehreren Rezessionen heute in den meisten Fällen möglich ist, auch wenn eine vollständige Wurzeldeckung nicht immer erreicht werden kann. Um vorhersagbare Ergebnisse zu erzielen, ist neben einer sorgfältigen Diagnostik, Therapieplanung und Patientenführung auch ein ausreichendes Training in der Durchführung von chirurgischen Techniken erforderlich.

Relevante Einflussfaktoren

Dr. Rino Burkhardt (Zürich) gab einen interessanten Überblick darüber, was mit Implantaten möglich ist – und was nicht. «Der Mensch ist der entscheidende Faktor», so seine Überzeugung. Bei aller guten wissenschaftlichen Evidenz und den heute möglichen Behandlungsoptionen dürfe nicht vergessen werden, dass auch technische und nicht-technische Einflussfaktoren eine Therapie und deren Ergebnis beeinflussen. Es ist wichtig im Gespräch mit dem Patienten herauszuhören, was dieser sich wünscht. Wenn dieser Wunsch nicht erfüllt wird, kann die Therapie aus Sicht des Behandlers noch so erfolgreich sein – der Patient wird unglücklich damit sein. Deshalb sollten Behandlungsentscheidungen immer gemeinsam getroffen werden, dann gibt es auch weniger unzufriedene Patienten. Auch die Patientenaufklärung ist wichtig, um Reklamationen vorzubeugen. «Wir brauchen Wissen, aber das ist nicht der alleinige Schlüssel zum Erfolg. Es muss angewendet werden. Und um intuitiv entscheiden zu können, brauchen wir viel Wissen», so Burkhardt.

Ersatzprodukt - ja oder nein?

PD Dr. Daniel Thoma (Zürich) stellte sich selbst als regenerativ interessierter Prothetiker vor. Sein Thema: «Weichgewebsersatzmaterial aus dem Blister – was geht und was geht nicht?» Auch er ist davon überzeugt, dass die Kommunikation mit dem Patienten entscheidend ist. Für ihn ist ein Ersatzprodukt die erste Wahl, da Patienten die Gewebeentnahme in der Regel nie mehr vergessen. Auch wenn heute klinisch das Maximum versucht werden kann, ist das für den Patienten oft gar nicht so wichtig. Aufgrund der Nachteile autogener Transplantate wurden als Alternative Weichteilersatzmaterialien entwickelt, die die Morbidität des Patienten erheblich verringern. PD Thoma stellte verschiedene Fälle vor und konnte zeigen, dass kollagenbasierte Matrizen eine hervorragende Ästhetik bieten und die periimplantäre Gesundheit langfristig erhalten. Er wies jedoch auch darauf hin, dass man Studien oft genauer lesen muss, da oft unterschiedliche Produkte verwendet werden und somit die Studienergebnisse gar nicht miteinander vergleichbar sind.
Zum Abschluss von zwei spannenden, informativen und abwechslungsreichen Kongresstagen wurden die noch offenen Fragen aus dem Auditorium beantwortet.

www.parodontologie.ch

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53. SSP Jahrestagung
zusammen mit dem
Schweizer Implantatkongress der Implantatstiftung Schweiz (ISS)
vom 19. bis 21. September 2024
in Bern