Erhitzen statt Verbrennen – eine Alternative?
Der Umgang mit dem Thema «Rauchen» bzw. «Raucherentwöhnung» spielt eine wichtige Rolle für die Mundgesundheit. Fachpersonen gelingt es in der Regel besser als Verwandten oder Freunden, Raucher zum Nachdenken über das Rauchverhalten zu bewegen.
Die Rolle von Zahnarzt und Praxispersonal
Ziel kann die Motivation zur Reduktion oder zum totalen Rauchstopp sein. Dabei kann das gesamte Team eingebunden werden.
Es gilt darüber aufzuklären, dass Rauchen eine Vielzahl der Therapiemöglichkeiten im Rahmen der Mundgesundheit beeinflusst. Individuelle Raucherentwöhnungsberatungen oder Informationen über die Folgen des Tabakkonsums für die Mundgesundheit können in die Routine der Praxis integriert werden. Prävention von systemischen Erkrankungen und Senkung der Risiken für orale Erkrankungen sind erfolgversprechend. Dass das ein langwieriger Prozess sein kann, ist unbestritten. Aber kleine Fortschritte sind als Erfolg zu werten. Wer nicht mit dem Rauchen aufhören kann oder will, für den sind potenziell risikoreduzierte und damit voraussichtlich weniger schädliche Produkte eine Alternative.
Schädlichkeit
Im Rauch einer herkömmlichen Zigarette wurden mehr als 6 000 Bestandteile identifiziert. Davon sind 100 bis 200 als schädlich oder potentiell schädlich zu kategorisieren. Die meisten Schadstoffe entstehen bei der Tabakverbrennung, da Temperaturen von 600 bis über 800 °C erreicht werden.
Harm Reduction
Harm-Reduction (Risikominimierung) ist eine Strategie in Medizin und Sozialpolitik zur Minimierung einer Schädigung von Individuen und/oder der Bevölkerung durch gefährliche Verhaltensweisen bzw. Praktiken, die nicht vollständig vermieden oder verhindert werden können. Als Beispiel gelten die Versorgung von Drogenabhängigen mit sauberen Spritzen, die Förderung des Kondomgebrauchs bei Prostituierten, Gesetze gegen Alkohol am Steuer, Schutzkleidung beim Sport sowie die Gurtpflicht.
Tobacco Harm Reduction
Bei der Tobacco Harm Reduction, der Minimierung rauchbedingter Gesundheitsrisiken, sollen bestehende Strategien der Tabakkontrolle (z. B. Prävention, Aufklärung und Rauchentwöhnung) durch diesen neuen Ansatz ergänzt, und nicht ersetzt, werden [4,5]. Der Fokus wird auf Raucher gerichtet, die sonst weiterrauchen würden. Diese Raucher sollen ermutigt werden, weniger schädliche Formen des Konsums zu nutzen, um rauchbedingte Schäden zu reduzieren. E-Zigaretten und Tabakerhitzer könnten solche Alternativen darstellen.
Die E-Zigarette als Alternative?
Als eine moderne und populäre Alternative zum herkömmlichen Rauchen durch Tabakverbrennung gilt die E-Zigarette.
In verschiedenen Ländern wird die Nutzung von E-Zigaretten unterschiedlich bewertet. So wird etwa in Deutschland durch viele medizinische Fachgesellschaften immer noch pauschal von deren Nutzung abgeraten, während sich das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) dem Ansatz der Tobacco Harm Reduction inzwischen nicht mehr verweigert [6]. E-Zigaretten sind nicht gesundheitlich unbedenklich, denn der Dampf ist nicht komplett schadstofffrei [7]. Nach Einschätzung von britischen Gesundheitsbehörden sind E-Zigaretten deutlich weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten, aber natürlich nicht per se gesund. E-Zigaretten gelten dort als 95 % weniger schädlich als Zigaretten. Krebserregende Chemikalien fehlen laut deren Einschätzung weitgehend [8]. Die Gesundheitsbehörde in Großbritannien empfiehlt inzwischen sogar Rauchern, die nicht mit dem Rauchen aufhören können oder wollen, den Umstieg zu empfehlen.
Als Grund für die relative Zurückhaltung in Deutschland und einigen anderen EU-Ländern wird vom DKFZ auch die mediale Berichterstattung verantwortlich gemacht [9]. E-Zigaretten seien noch relativ neu. Da man anfangs wenig darüber gewusst habe, sei erstmal viel gewarnt worden. Dies hätte zu negativen Schlagzeilen geführt. Obwohl sich der wissenschaftliche Konsens geändert hat, halten sich diese negativen Aussagen in den Medien und damit in der Gesellschaft.
Der Tabakerhitzer als Alternative?
Eine andere Alternative zur Tabakverbrennung in einer Zigarette sind Tabakerhitzer. In diesen wird echter Tabak kontrolliert erhitzt, aber nicht verbrannt. So gibt es keine Asche und nach Herstellerangaben werden weniger schädliche Stoffe erzeugt. Bei solch einem Heat-not-burn-Produkt wird der Tabak in einem Heizblatt auf maximal 350 Grad erhitzt.
Laut Messungen beim Hersteller liegt beim Konsum die Menge an schädlichen Stoffen durchschnittlich um 90 bis 95 % unter dem der normalen Zigarette.
Dieses Ergebnis haben Messungen des Bundesinstituts für Risikobewertung in Deutschland weitestgehend bestätigt, man spricht je nach Schadstoff von 80-99 %iger Reduktion [10].
Weniger Schadstoffe dank Erhitzung
Unabhängige Stellen, wie das BfR und die FDA bestätigen inzwischen die Schadstoffreduktion im Aerosol eines Tabakerhitzers. In klinischen Studien wurde eine reduzierte Schadstoffexposition in Rauchern nachgewiesen, die auf einen Tabakerhitzer umgestiegen waren [11]. Der Effekt kam für die gemessenen 15 Schadstoffe, welche bekannte Risikofaktoren für Lungen- und Herzkreislauferkrankungen enthielten, dem des Rauchstopps sehr nahe.
Diese vom Hersteller finanzierten Untersuchungen kommen daher zum Schluss, dass ein vollständiger Wechsel zu einem Tabak-erhitzer das Schadensrisiko im Vergleich zum fortgesetzten Rauchen wahrscheinlich verringert.
Eine klinische Studie zu Parodontalerkrankungen läuft. Das Studienende wird in 2019 erwartet. Eine Langzeit-Marktbeobachtung in Japan hat ergeben, dass der Rückgang des Zigarettenkonsums seit Einführung der dort sehr erfolgreichen Tabakerhitzer in historisch nie dagewesener Weise beschleunigt wurde.
Gesundheitliche Risiken beachten
Auch wenn inzwischen immer mehr, darunter auch unabhängige Ergebnisse bestätigen, dass E-Zigaretten und Tabakerhitzer Vorteile für Raucher bieten, die komplett auf solche Produkte umsteigen, ist die Nutzung dennoch mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Der Rauchstopp ist immer die beste Option!
Text: Carmen Bornfleth
Literatur
[1] Wewerset al.(2003), Distribution of daily smokers by stage of change: Current Population Survey results. PrevMed 36:710–720
[2] Kotz et al., Nutzung von Tabak und E-Zigaretten sowie Methoden zur Tabakentwöhnung in Deutschland -Eine repräsentative Befragung in 6 Wellen über 12 Monate (die DEBRA-Studie) The use of tobacco, e-cigarettes, and methods to quit smokingin Germany—a representative study using 6 wayes of data over 12 months (the DEBRA study) DtschArztebl Int2018; 115(14): 235-42; DOI: 10.3238/arztebl.2018.0235
[3] DKFZ Tabakatlas 2015
[4] FDA (Food and Drug Administration). Guidanceforindustry2012. http://www.fda.gov/downloads/TobaccoProducts/Labeling/RulesRegulationsGuidance/ UCM297751.pdf
[5] Institute of Medicine of the National Academies (IOM). 2012 [updated2012; cited2016 Jun 23]; [328 p.].
www.erowid.org/plants/tobacco/tobacco_health4_iom_scientific_standards_mrtp.pdf
[6] Kiviniemi MT, Kozlowski LT. Harm Reduction J 2015; 512-521
[7] Public Health England (PHE), 2018 https://www.gov.uk/government/news/phe-publishes-independent-expert-e-cigarettes-evidence-review Evidence review of e-cigarettes and heated tobacco products – McNeill A, Brose LS, Calder R, Bauld L & Robson D (2018).
[8] EichlerM, BlettnerM, Singer S: The use of e-cigarettes – a population-based cross-sectional survey of 4002 individuals in 2016. DtschArzteblInt2016; 113: 847–54. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0847 www.aerzteblatt.de/pdf/113/50/m847.pdf?ts=08.12.2016+10%3A41%3A09
[9] E-Zigarette – weniger schädlich, aber nicht gesund, Die Debatte, Juli 2017, www.die-debatte.org/e-zigarette-gesundheit/
[10] Mallock et al., Levels of selected analytes in the emissions of “heat not burn” tobacco products that are relevant to assess human health risks, Arch Toxicol (2018). https://doi.org/10.1007/s00204-018-2215-y
[11] FDA Briefing Document, Seiten 12-13 (Januar 2018)
[12] *WHO global report on trends in tobacco smoking 2000-2025 www.who.int/tobacco/publications/surveillance/reportontrendstobaccosmoking/en/index4.html
[13] Bundeszahnärztekammer, accessedMarch 2018 www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/za/tapostdt.pdf
[14] Bundeszahnärztekammer: https://www.bzaek.de/fuer-zahnaerzte/praevention-und-gesundheitsfoerderung/rauchen-und-mundgesundheit.html, accessed March 2018 01.07.2015, https://www.bzaek.de/index.php?id=61&tx_ttnews%5Btt_news%5D=667&cHash=91f8cecf6d21d42ee763c930b381fc59