Die Lehre des Corona
Zu den unübersehbaren Nebenwirkungen des Corona-Virus zählt der Umstand, dass seine rasche Verbreitung und sein plötzliches Auftauchen in unserer schönen heilen Welt eine wahre Flut von philosophischen Betrachtungen ausgelöst hat.
Kein Tag vergeht, ohne dass sich Berufene und mitunter weniger Berufene bemüssigt fühlen, in den Medien tiefschürfende Gedanken zu diesem Unheil zu äussern, das so unmittelbar und unerwartet über uns hereingebrochen ist. Wie wirkt sich das Virus auf das soziale Gefüge unserer Gesellschaft aus? Ist es wirklich so weit her mit der Welle der Solidarität, die zu Beginn der Krise über uns gekommen ist – sind wir gar auf dem Weg, bessere Menschen zu werden? Was stellt Corona mit uns persönlich an? Wie halten wir es mit dem Umgang mit diffusen Ängsten, den wir in den vergangenen Jahrzehnten, als reichlich Milch und Honig flossen, verlernt haben?
Trübe Aussichten für die Wirtschaft
Das alles sind natürlich spannende Fragen, weil sie uns zum Nachdenken anregen. Dafür haben wir – dem Lockdown sei Dank – etwas mehr Zeit als auch schon vorher. Weniger auf der philosophischen Ebene als vielmehr auf dem steinigen Boden der Realität angesiedelt ist die heiss diskutierte Frage, wie sich die Pandemie und die Massnahmen zu deren Bekämpfung auf die Wirtschaft auswirken. Man muss kein notorischer Schwarzseher sein, um den düsteren Prognosen der Ökonomen, Wirtschaftsauguren und Konjunkturforscher Glauben zu schenken: Das Bruttoinlandprodukt erlebt einen massiven Einbruch, die Arbeitslosigkeit steigt, und es droht die grösste wirtschaftliche Rezession seit der grossen Depression in den 1930er-Jahren. Es ist zu erwarten, dass die Zahl der Firmenkonkurse im Jahr 2020 einen in der Vergangenheit seltenen Rekord erreichen wird. Betroffen sind vor allem KMU, denen bei einer dramatischen Verschlechterung der Auftragslage schon nach kurzer Zeit das Aus droht. Trifft die Schuld daran einzig und allein das Virus?
Liquiditätsspritzen gefragt
Als der Bundesrat Mitte März 2020 die «ausserordentliche Lage» erklärte und den Lockdown verordnete, dauerte es nur wenige Tage bis aus der Wirtschaft der Ruf nach Geld erschallte. Geld vom Staat notabene, den man in guten Zeiten gerne kritisiert. Nachdem sie dicht machen mussten, kamen viele Unternehmen auf die Welt: Sie stellten fest, dass sie ohne Einkünfte nicht in der Lage sind, die laufenden Kosten wie Löhne, Sozialleistungen, Miete, Versicherungen, Zinsen, Beraterhonorare usw. über einen, zwei oder im schlimmeren Fall über mehrere Monate hinweg fristgerecht zu begleichen. Es fehlen ihnen schlicht und einfach die nötigen flüssigen Mittel, um ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.
Ohne Liquidität ist alles nichts
Die aktuelle Krise führt uns drastisch vor Augen, wie wichtig die Liquidität für das Überleben eines Unternehmens ist. Tatsächlich sind mangelnde flüssige Mittel der häufigste Grund für Insolvenz. Laut Informationen auf dem KMU-Portal des Bundes werden neun von zehn Konkurse durch Liquiditätsengpässe verursacht.
Weitgehend krisenresistent ist ein Unternehmen nur dann, wenn es in konjunkturell rosigen Zeiten ein straffes Liquiditätsmanagement betreibt und angemessene Rückstellungen vornimmt, um auch in weniger rosigen Zeiten über ausreichende liquide Mittel zu verfügen. Als uns Grossmama einst ermahnte, «spare in der Zeit, dann hast du in der Not», konnten wir uns ein Lächeln nicht verkneifen. Corona hat es fertiggebracht, dass uns das Lachen vergangen ist. Wiederfinden werden wir es, wenn wir uns als lernfähig erweisen.
Thomas Kast
Geschäftsführer der Zahnärztekasse AG
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