16. Aug. 20243. SWID Summit mit Generalversammlung

«Ist Zahnarzt heute schon ein Frauenberuf?»

Wenn sich an einem Donnerstag Ende Juni um 17 Uhr rund 70 Zahnärztinnen im Gleisarena Campus in Zürich einfinden, dann ist es wieder Zeit für den SWID Summit. Bereits zum dritten Mal hatten die Swiss Women in Dentistry zum offiziellen Anlass eingeladen. Nach der Generalversammlung gab es zwei Fachvorträge und eine spannende und sehr authentische Paneldiskussion unter Moderation von Dr. Dr. Sandra Fatori und PD Dr. Dr. Christine Jacobsen.

SWID Vorstand 2024
Carmen Bornfleth
Zu Besuch beim 3. SWID Summit mit Generalversammlung in Zürich.

Nach einer freundlichen und entspannten Begrüssung – «frau» kennt und schätzt sich – eröffnete SWID-Präsidentin Dr. Dr. Sandra Fatori die Generalversammlung mit ihrem persönlichen Rückblick auf die Anfänge von SWID. Los ging es 2019 mit einem von ihr ins Leben gerufenen virtuellen Study Club und einer WhatsApp-Gruppe. Das Ziel der Initiative war es, eine Plattform für Zahnärztinnen, Kieferorthopädinnen, Oralchirurginnen und MKG-Chirurginnen zu schaffen, um sich gegenseitig zu unterstützen, zu vernetzen, zu fördern und weiterzubilden.

Neuzugänge im Vorstand

Heute ist die Mitgliederzahl bereits auf über 100 angewachsen und im Vorstand gab es bereits Neuzugänge: Dr. Nathalie Hüls unterstützt das Sponsoring-Team und Dr. Chun Ching Liu ist Beisitzerin und schlägt Brücken zwischen der Universität und der Praxis.

Erste Ehrenmitglieder

Auch die ersten Ehrenmitglieder wurden bereits ernannt: Prof. Dr. Dr. h.c. Mutlu Özcan, PhD und Prof. Dr. Julia Wittneben, PhD, erhielten diese Auszeichnung. Letztere durfte gleich im Anschluss an die Generalversammlung mit ihrem Fachvortrag zum Thema «Prothetische Behandlungskonzepte in der ästhetischen Zone» ein Update aus Klinik und Praxis geben.

Sofortimplantation, Frühimplantation und Sofortbelastung

Prof. Dr. Julia Wittneben führt seit kurzem eine Praxis in Zürich und ist weiterhin auch an der zmk bern tätig. Sie untermauerte ihren Vortrag mit viel Studien- und Datenmaterial. Mit der Entscheidung zu Sofortimplantation, Frühimplantation und Sofortbelastung wird die Basis für das weitere Vorgehen gelegt. In der nächsten Phase stellt sich die Frage: Wie und wann werden Provisorien eingesetzt. Die Referentin sieht darin zwar einen Kostenfaktor, aber auch ein sinnvolles Kommunikations-Tool mit dem Patienten. Statistisch gesehen sind die Ergebnisse mit Provisorium nach einem Jahr besser. Das Abutmentmaterial sollte laut Prof. Wittneben der Prothetiker selbst auswählen – nicht der Zahntechniker. In der Front sieht sie Vorteile bei Zirkondioxid wegen der geringeren Plaqueakkumulation.

SWID-Summit - Wittneben
Carmen Bornfleth

Prof. Dr. Julia Wittneben, Referentin und SWID-Ehrenmitglied.

Pink Porcelain und Mehrfachlücken

Last but not least ging sie noch auf die Indikationen für Pink Porcelain und Mehrfachlücken ein. Als Mitglied von Konsensuskonferenzen verfügt die Prothetikerin über viel Wissen, einen guten Überblick und Zugang zu einem weltweiten Netzwerk. Sie gab den Teilnehmerinnen den Tipp, dass die Ergebnisse der Konsensuskonferenzen als Abstracts kostenlos zur Verfügung stehen– das hat zwei Vorteile: Man spart Zeit und ist bei der Behandlung auf der sicheren Seite.

Geschlechtsspezifische Unterschiede

Im zweiten Fachvortrag sprach Dr. Chun Ching Liu über geschlechtsspezifische Unterschiede in der Zahnmedizin. Sie ist Oberärztin an der Universität Zürich in der Abteilung für Parodontologie und periimplantäre Erkrankungen. Sie vermittelte interessante Erkenntnisse zu Mann und Frau, die teils überraschten, aber auch schockierten. Im Rückblick auf Aristoteles und Darwin wird deutlich, warum sich die Differenzierung so lange gehalten hat. Aristoteles war der Meinung «Frauen sind schwächer, kurzlebiger und haben ein kleineres Gehirn». Noch im 19. Jahrhundert gab es Anthropologen, die in Anlehnung an Darwin meinten, das Gehirn einer Frau sei dem eines Tieres ähnlich.

SWID-Summit - Liu
Carmen Bornfleth

Dr. Chun Ching Liu, Referentin und neues Vorstandsmitglied.

Viel zu wenig frauenspezifische Forschung

Erschreckend ist, dass auch heute noch viel zu wenig frauenspezifisch geforscht wird. Denn nicht nur in der Zahnmedizin, sondern in allen medizinischen Fachgebieten gibt es gravierende Unterschiede. Auch die Motivation zu gesunder Ernährung oder eine Diät zu halten, sieht bei den Geschlechtern unterschiedlich aus. Das gilt auch für die Zahnpflege – und das Geschlecht hat einen großen Einfluss auf die Mundgesundheit. Allerdings sind in medizinischen Studien meist mehr Männer vertreten, so dass Studien-
ergebnisse nicht unbedingt auf Frauen übertragbar sind. Verschiedene Dosierungen können zu unterschiedlichen Wirkungen führen. Selbst Aspirin kann bei Mann und Frau zu unterschiedlichen Nebenwirkungen führen.

Spannende und authentische Paneldiskussion

Als Höhepunkt des Abends fanden sich nach einer kurzen Erfrischungspause erfolgreiche Zahnärztinnen zur Podiumsdiskussion ein. Sie alle haben ganz unterschiedliche Wege in der Zahnmedizin eingeschlagen. Es diskutierten: Prof. Dr. Dr. h.c. Mutlu Özcan, Universitätsprofessorin, Ladina Kilgus, Zahnmedizinstudentin, PD Dr. Dr. Astrid Kruse Gujer, selbstständige MKG-Chirurgin und Mutter, Dr. Nira Mählmann, angestellte Zahnärztin mit Kleinkind, Stephanie Enzler von der BMT Treuhand AG, Dr. Judith Aufenanger, seit 18 Jahren selbstständige Zahnärztin und Prof. Dr. Julia Wittneben, Universitätsprofessorin, Praxisinhaberin und Mutter. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von PD Dr. Christine Jacobsen, SWID-Kommission, und Dr. Dr. Sandra Fatori, SWID-Präsidentin.

SWID-Summit - Diskussion
Carmen Bornfleth

Die Paneldiskussion mit viel Enthusiasmus und Authentizität gab spannende Einblicke in die Lebensentwürfe.

Vom Staatsexamen zur erfolgreichen Zahnärztin

Einleitend ging es um die Frage, ob das Studium ausreichend auf das Unternehmertum mit Rechtsfragen, Praxismanagement und steuerlichen Aspekten vorbereitet. Hier waren sich leider alle einig, dass dies früher nicht gelehrt wurde und sich bis heute nicht viel an den Universitäten geändert hat. Wer sich also für eine eigene Praxis entscheidet, muss viel Freizeit opfern und möglicherweise selbst Fehler machen, bis alles rund läuft.
Motivierende Worte gab es für die Zahnärztinnen im Publikum: Basis für den Erfolg sind gute MentorInnen sowie ein berufliches und privates Netzwerk. Dadurch kann die eigene Karriere gefestigt werden. Ethische Grundsätze wie Disziplin, Ausdauer und Austausch seien wichtige Säulen für den eigenen Erfolg.

SWID-Summit - Moderation
Carmen Bornfleth

Moderation: Dr. Dr. Sandra Fatori (links) und PD Dr. Dr. Christine Jacobsen (rechts)

Praxis, Klinik und Familie

Prof. Dr. Wittneben brachte es auf den Punkt: «Wenn es die Leidenschaft ist, dann schafft man es auch, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.» Der Zeitpunkt, sich selbstständig zu machen, ist immer dann, wenn man selbst dazu bereit ist und das nötige Selbstvertrauen hat. Wichtig ist auch der Partner, der in der Kindererziehung aktiv mitwirken muss und das Konstrukt Familie erfolgreich macht. Leider gibt es heute noch nicht viele Frauen in Führungspositionen an Hochschulen. Diese könnten auch Vorbilder für die heutigen Studentinnen sein. Spürbar war, was alle Podiums-Teilnehmerinnen eint und was SWID ausmacht: Sie brennen für ihren Beruf – mit viel Leidenschaft geben sie jeden Tag mehr als 100 Prozent, für ihre Patienten und ihre Familien.

SWID-Summit - Sponsoren
car

SWID bedankte sich bei ihren Sponsoren für die wertvolle Unterstützung.

www.swisswomenindentistry.ch

Text und Fotos: Carmen Bornfleth