«Digitalisierung ist eine Bereicherung, kein Störfaktor»
Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Robotik sind aktuelle Schlagworte, die uns in allen Lebensbereichen begegnen. Auch in der Zahnmedizin gibt es immer mehr Innovationen zur Digitalisierung der Praxis. Doch wie lassen sich diese am besten in die eigene Praxis integrieren? Wir haben mit Dr. Thomas Müller, Dr. Felix Gamper und Remo Capobianco gesprochen - drei Experten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, digitale Technologien nahtlos in den Alltag der zahnmedizinischen Praxis zu integrieren.
ZZS: Wie schätzen Sie den Grad der Digitalisierung in Schweizer Zahnarztpraxen ein?
Dr. Felix Gamper: Der Digitalisierungsgrad variiert stark. Wir sehen innovative Praxen, die bereits fortschrittliche Technologien einsetzen, aber auch viele, die noch am Anfang stehen. Genau hier setzt unser Institut an – wir wollen die Lücke schliessen und Zahnärzte bei ihrer digitalen Transformation unterstützen.
ZZS: Wo können Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Robotik in der Zahnmedizin helfen?
Dr. Thomas Müller: Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. In der Diagnostik nutzen wir KI-gestützte Bildanalyse für präzisere Befunde. Digitale Systeme optimieren das Praxismanagement. Robotik-unterstützte Eingriffe werden zunehmend die Präzision bei Behandlungen erhöhen. Und nicht zu vergessen: KI-basierte Tools verändern die Wissensbeschaffung und -verteilung – sprich die Fortbildung – unserer Teams.
Herausforderungen im Praxisalltag?
ZZS: Wo liegen die grössten Herausforderungen bei der Umsetzung von KI in der Zahnmedizin?
Dr. Thomas Müller: Eine zentrale Herausforderung ist das oft fehlende Know-how in Projektmanagement und Betriebswirtschaft bei Zahnärzten. Dazu kommt die Notwendigkeit, bestehende Arbeitsabläufe anzupassen und das Personal zu schulen. Nicht zu unterschätzen sind auch Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Sicherheit. Unser Institut bietet hier gezielte Unterstützung.
ZZS: Bei welchen Prozessen können digitale Lösungen, KI und Robotik besonders gut unterstützen?
Dr. Thomas Müller: Besonders effektiv sind digitale Lösungen in der Patientenkommunikation und -aufklärung. Sie revolutionieren die Behandlungsplanung durch präzise Simulationen. KI-gestützte Bildanalysen helfen schon heute bei der Diagnostik von Röntgenbildern als sogenannte «Zweitmeinung». Im Praxismanagement optimieren KI-unterstützte Tools die Abläufe, die Dokumentation und die Terminplanung. Und natürlich in der Behandlung selbst, denken Sie an digitale Abformungen und die CAD/CAM-Fertigung.
ZZS: Wie digital ist Ihre eigene Praxis aufgestellt?
Dr. Felix Gamper: Als Vorreiter in diesem Bereich setzen wir in unseren Praxen konsequent auf modernste digitale Technologien. Wir sehen uns in der Verantwortung, mit gutem Beispiel voranzugehen und die Vorteile der Digitalisierung praktisch zu demonstrieren und im Alltag anzuwenden. Ich würde also behaupten, dass wir in unserer Praxis schon heute volldigital unterwegs sind. Natürlich gibt es noch immer Potentiale und genau da setzt unser Engagement im IAD an: Wir implementieren und testen neue Lösungen und beleuchten kritisch deren Tauglichkeit für die zahnärztliche Praxis.
Wie hilft das Institut für angewandte Dentronik?
ZZS: Wie sieht die konkrete Arbeit Ihres Instituts für angewandte Dentronik aus?
Remo Capobianco: Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf vielfältigen Weiterbildungsangeboten. Wir planen aktuell unsere ersten Veranstaltungen. Am 24. Januar 2025 steigt in Bern unser Eröffnungs-Event zum Thema «Kollaboration in der modernen Zahnarztpraxis». Es geht dabei um die digitale Transformation und die Chancen von kollaborativen Managementsystemen. Zukünftig planen wir ein Online-Lernportal aufzubauen, das ZahnärztInnen und ihren Teams ermöglicht, sich flexibel und nach eigenem Tempo mit digitalen Technologien vertraut zu machen. Parallel dazu bieten wir in unseren hochmodernen Clinic-Labs praktische Hands-on-Kurse an. Hier können Teilnehmer neueste Technologien unter realen Praxisbedingungen erproben und ihre Fähigkeiten vertiefen. Ergänzend evaluieren wir kontinuierlich neue Technologien und beraten Praxen bei der Auswahl und Implementierung digitaler Lösungen. Regelmässige Netzwerkveranstaltungen fördern den Erfahrungsaustausch in der Community. Unser Ziel ist es, durch diese kombinierten Ansätze die Digitalisierung für jede Praxis nicht nur greifbar, sondern auch praktisch umsetzbar zu machen.
ZZS: Sind Zahnärztinnen und Zahnärzte offen für den Fortschritt und bereit zu investieren?
Dr. Thomas Müller: Wir beobachten eine wachsende Bereitschaft. Immer mehr Kolleginnen und Kollegen erkennen die Vorteile der Digitalisierung für ihre Praxis und ihre Patienten. Unsere Aufgabe ist es, sie von den konkreten Vorteilen zu überzeugen und bei der Umsetzung zu unterstützen. Der Trend geht eindeutig in Richtung digitale Praxis.
Wie kann man loslegen?
ZZS: Wie kann eine reibungslose Integration neuer Technologien aussehen?
Remo Capobianco: Der Schlüssel liegt in fundierter Weiterbildung vor der eigentlichen Praxisintegration. Unser Herzstück sind die praxisorientierten Webinare und Workshops in unseren Clinic-Labs. Hier erleben Teilnehmerinnen und Teilnehmer neue Technologien hautnah unter realistischen Bedingungen. Erst wenn echtes Interesse und Verständnis geweckt sind, beginnt die Umsetzung. Wir unterstützen bei der Analyse der Praxisabläufe, entwickeln einen massgeschneiderten Plan und führen auf Wunsch die Technologien schrittweise mit gezielten Inhouse-Schulungen ein. Unsere Experten begleiten den gesamten Prozess. So wird Digitalisierung zur Bereicherung, nicht zum Störfaktor.
ZZS: Wie sieht Ihre Vision für die Entwicklung digitaler Zahnarztpraxen in den nächsten Jahren aus?
Dr. Felix Gamper: Unsere Vision ist die vollständig digitalisierte Zahnarztpraxis der Zukunft. Wir sehen eine Praxis, in der KI und Robotik nahtlos in alle Bereiche integriert sind – von der ersten Patientenaufnahme bis zur Nachsorge. Dies wird zu einer deutlich verbesserten Behandlungsqualität, höherer Effizienz und vor allem zu einer besseren Patientenerfahrung führen. Aber auch im Bereich der Nachhaltigkeit hat die Digitalisierung einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Die digitale Transformation wird die Zahnmedizin grundlegend verändern und wir vom IAD sind stolz darauf, diesen Wandel aktiv mitzugestalten.
ZZS: Wir wünschen viel Erfolg und sind gespannt auf die weiteren Entwicklungen durch Digitalisierung, Robotik und KI.
Termine
Freitag 24. Januar 2025 – 18 bis 21 Uhr:
Eröffnung IAD in Bern «Kooperation 4.0 in der modernen Zahnarztpraxis»
Donnerstag, 6. März 2025 – 18 bis 19 Uhr:
ONLINE: «KI-Tools Crashkurs»
Freitag, 13. Juni 2025 – 14 bis 18 Uhr:
«KI in der Praxis» Workshop in Bern
Weitere Themen sind in Vorbereitung:
- Wissens- und Kommunikationsplattform
- Digitale Anwendungen im Bestellwesen: RFID-Technologie für
- super-effizientes Materialmanagement
- Mikroschulungen für QS und andere Themen
- Die Arbeit mit einer Cloud-Plattform
- Automatisierung in der Praxisführung
- Robotik