Onboarding – Probezeit: Wer prüft hier wen?

ZZS

Als ich anno dazumal meine neue Stelle antrat, hatte ich eine Probezeit von drei Monaten. Es war mir bewusst, dass meine Leistung mit Argusaugen beobachtet wird. Ich war sehr erleichtert, als ich bestanden hatte. Ich wurde nicht gefragt, ob es mir bei der Firma gefalle, diese Frage war nicht opportun. Das Machtgefälle war klar: Die Firma prüfte mich, ich musste froh sein, dass ich bleiben durfte. 

Bewerbung – Wunsch und Wirklichkeit
Eine junge Dentalfachkraft hat mir ihre Bewerbungs-Erfahrung wie folgt geschildert: Im Vorstellungsgespräch fühlte sie sich wie an einem Verhör – Chefin fragt, Kandidatin antwortet. Sie wurde als Bittstellerin wahrgenommen, hätte sich aber einen Dialog auf Augenhöhe gewünscht. 
Nach Ablauf der Probezeit hat sich niemand die Mühe gemacht, mit ihr ein Gespräch zu führen. Sie selbst musste sich danach erkundigen. Es war für die Chefin selbstverständlich, dass sie bleibt. Doch das war es für sie ganz und gar nicht. Sie wurde aber nicht danach gefragt und dann wundert es nicht, wenn plötzliche Kündigungen einen verwundern. Diese Chefin hat noch nicht verstanden, dass diese Art der Führung nicht mehr zeitgemäss ist. 
Die heutigen Mitarbeitenden wünschen sich keine Top-Down-Behandlung mehr. Sie wollen keinen Einbahn-Prozess, sondern einen Dialog, bei dem es um gegenseitige Bedürfnisse geht. Denn auch sie haben Erwartungen an den Arbeitgeber. Kann er liefern? Können Sie als Praxis Ihre Kandidaten überzeugen? Womit werben Sie, wie machen Sie sich attraktiv? Ganz bestimmt nicht, indem Sie Kandidaten bewertend wie Prüflinge behandeln und selbstverständlich davon ausgehen, dass jemand nach der Probezeit bleibt, wenn Sie mit der Leistung zufrieden sind. 
Im Vergleich zu früher hat sich der Onboarding-Prozess zu Gunsten der Mitarbeitenden gedreht. Früher hatten die Praxen eine schöne Auswahl an Bewerbenden, heute gibt es eine schöne Auswahl an offenen Stellen. Wer es nicht versteht, die Kandidaten von sich zu überzeugen, der wird im Kampf um Fachkräfte verlieren. 

Drei Onboarding-Phasen
Was gibt es im Onboarding-Prozess zu beachten? Die Probezeit ist eine Probezeit für beide Seiten: Für den Arbeitnehmer wie auch für den Arbeitgeber. Auch der Arbeitgeber muss sich beweisen. Ziel ist es, eine Kündigung zu verhindern. Welche Vorkehrungen treffen Sie? Hier einige Empfehlungen für drei Onboarding-Phasen:
Phase 1 Vorbereitung: Arbeitsplatz herrichten, Willkommenspräsent besorgen, Formalitäten ausfüllen, Informationen aufbereiten, Schulungen organisieren, Team-Essen am ersten Arbeitstag planen.
Phase 2 Orientierung: Am ersten Tag und in der ersten Woche gilt es, das Team zusammen zu bringen, eine Vorstellungrunde mit Praxisrundgang zu veranlassen, stufenweise in die Aufgaben einzuführen, Unternehmenswerte zu kommunizieren.
Phase 3 Integration: In den Folgewochen eng begleiten, Eindrücke und Befindlichkeiten abfragen, regelmässige Feedback-Gespräche, Kontakte im Team ausbauen. Und abschliessend ein Probezeit-Gespräch führen, in dem die Befindlichkeit und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden abgeholt werden.
Dann ist die Begleitung aber noch lange nicht abgeschlossen, denn es folgen die Phasen «Mitarbeiter-Entwicklung» und «Mitarbeiter-Retention».  

Wenn ich Stimmen höre, wie «Die muss sich erst noch beweisen», dann klingeln die Alarmglocken. Diese Führungshaltung hat ausgedient. Sie als Praxis müssen beweisen, dass Sie fähig sind, mit Ihren Mitarbeitenden eine Beziehung aufzubauen, dass Sie in der Lage sind, empathisch zu führen, dass Sie einen Dialog auf Augenhöhe führen können. Egal ob mit einer Praxismanagerin oder einem Lernenden. 
Da dieser begleitende Prozess mit einigem Aufwand verbunden ist, sind standardisierte HR-Konzepte und Verantwortlichkeiten hilfreich. Wer in Ihrer Praxis trägt nicht nur die Personalverantwortung, sondern setzt diese auch konsequent um? Wie steht es um Ihre Onboarding-Praxis: Würde sie die Probezeit bestehen? 

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