Zu hohe Ansprüche an sich selbst?
Ist ob dem Speed erstmal ein Zustand von Dauerstress erreicht, bleibt oft lange unbemerkt, dass das Streben nach permanenter Höchstleistung auf Kosten der eigenen Zufriedenheit und Gesundheit geht: Mehr als die Hälfte der Zahnmediziner geben stressbedingte Symptome wie Antriebsmangel, chronische Müdigkeit, Schlafstörungen und Ängste an.
Stresshormone schaden der Gesundheit
Herrscht ein andauerndes Missverhältnis zwischen den eigenen Leistungskapazitäten und den Anforderungen des beruflichen und privaten Umfelds, führt dies zu Stress. Hält dieser chronisch an, erfährt der Körper eine dauerhafte Überdosis an Stresshormonen. Ohne geeignete Kompensationsmethoden kann dieser Dauerbeschuss und die Überschwemmung des Organismus mit dem Stresshormon Kortisol mit der Zeit zu verschiedenen körperlichen Krankheiten oder zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen führen. Oder in eine tiefgreifende geistige, körperliche und emotionale Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit münden: In das Burnout-Syndrom.
Hohe Burnout-Raten
Untersuchungen zufolge leiden ZahnärztInnen nicht nur sehr häufig unter körperlichen Symptomen wie Rückenschmerzen und Karpaltunnel-Syndrom, Schlafproblemen, Kopfschmerzen, anhaltender Müdigkeit und Depressionen. Sie gehören zu den besonders gefährdeten Berufsgruppen für eine Burnout-Erkrankung. Jeder dritte Zahnarzt ist ernsthaft Burnout gefährdet. Auch ein erhöhter Konsum von Alkohol, Schlafmitteln und Zigaretten wurde in Erhebungen festgestellt sowie ein 1,5- bis 4,5-fach höheres Risiko der Suizidalität. Die Folgen von Burnout sind ernst und beinhalten ihrerseits ein erhöhtes Risiko für körperliche und psychische Folgekrankheiten. Damit verbunden sind Krankheitsausfälle am Arbeitsplatz mit hohen sozioökonomischen Kosten.
Burnout-Stolperfallen in der Privatpraxis
Welche Faktoren spielen in der Zahnarzt- bzw. Arztpraxis eine Rolle, die zu einem schrittweisen Voranschreiten einer Burnout-Erkrankung führen können? Hauptsächlich verantwortlich gemacht werden betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen, wie z. B. hohe Kosten für Praxisinvestitionen, das fehlende Verbundenheitsgefühl bei Niederlassung in einer Einzelpraxis sowie die hohe Verantwortung gegenüber Mitarbeitenden und im Bereich der Arzt-Patient-Beziehung. Hier muss der Zahnarzt, Implantologe oder Chirurg emotional die Schmerzen und Ängste der Patienten aushalten, auf deren Befindlichkeiten und Bedürfnisse eingehen, in höchster Präzision und Konzentration auf kleinstem Raum in unergonomischer Haltung in engster körperlicher Nähe zum Patienten arbeiten. Das ist sehr anstrengend und unter diesen Bedingungen wird nicht selten die eigene Gesundheit vernachlässigt. Des Weiteren nennen Zahnärzte eigene Misserfolge und Behandlungsfehler sowie den eigenen Perfektionismus und Qualitätsanspruch als bedeutendste Stressfaktoren. Schauen wir da mal näher hin.
Perfektionismus stresst
Mit Perfektionisten sind Menschen gemeint, die sehr hohe Anforderungen an sich stellen, alles perfekt machen wollen und sich übertrieben hohe Ziele setzen. Egal ob im Beruf, im Privaten, im Hobby, im Sport oder in der Familie. Sie glauben häufiger, dass sie ihre Arbeiten noch besser machen sollten, wollen stets Höchstleistungen vollbringen. Sie wollen die Erwartungen, die an sie gestellt werden, übertreffen und erlauben sich nicht, Fehler zu machen. Perfektionisten wollen immer 120 % geben. Nichts ist gut genug. Sie sind selten zufrieden, denn sie hätten es ja noch besser machen können, ja vielleicht sogar besser machen müssen.
Dieser enorme Druck, den Perfektionisten für sich selbst aufbauen, bleibt nicht ohne Folgen: Perfektionisten leiden meistens dauerhaft unter körperlicher Unruhe, Anspannung und Stress. Sie haben ständig Angst davor, Fehler zu machen oder zu versagen. Sie sind zwar schlecht dran, aber merken es selbst nicht. Zusätzlich ungünstig ist, dass sie an ihr Umfeld oft ähnlich hohe Erwartungen stellen und dementsprechend auch das Umfeld bzw. Praxispersonal in Mitleidenschaft ziehen.
Wenn sie bemerken, dass von anderen keine Anerkennung zurückkommt oder dass sie ihre Ziele nicht immer und überall erreichen können, sind sie (von sich) enttäuscht, strengen sich noch mehr an und ihr Akku läuft langsam leer. Je mehr ihr Akku sich leert, umso mehr strengen sie sich an und umso wahrscheinlicher kommt es zu einem Burnout. Irgendwann ist der Leistungswille womöglich immer noch da, aber Körper und Geist verweigern ihre Mitarbeit. Sie haben die Notbremse gezogen.
Sind Zahnärzte Perfektionisten?
Studien zeigen, dass Zahnärzte höhere persönliche Standards und Organisiertheit an den Tag legen im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung und anderen Akademikern. Diese Eigenschaften sind für Zahnärzte sicherlich nicht nur nützlich, sondern vielleicht sogar zwingende Voraussetzung, um die komplexen Anforderungen ihrer Arbeit erfüllen zu können.
Auch auf gesellschaftlicher Ebene unter dem aktuellen Groove unserer Arbeitswelt mit Konkurrenzdruck und extremer Leistungsorientierung erhält Perfektionismus beinahe eine positive Konnotation: Nur wer leistet, ist wer.
Von Ihnen als Zahnärzten und Chirurgen (oder auch von Piloten und Ingenieuren) wird Perfektionismus geradezu erwartet, weil Fehler beträchtlichen Schaden nach sich ziehen können. Bei medizinischen Behandlungen ist es daher nicht angesagt, ungenau zu arbeiten. Ebenso sollen die Arbeiten des Zahntechnikers «perfect fit» sein und die Dentalhygiene ein strahlendes Resultat bei maximaler Behaglichkeit für den Patienten erzielen.
Die Perfektionismusfalle schnappt zu
Dieser Erwartungsdruck kann zu immer noch besseren Leistungen, noch mehr Vollkommenheit antreiben und in die Perfektionismusfalle drängen. Ängste werden geschürt: Angst zu versagen, Angst, das alles nicht zu schaffen, Angst nicht zu genügen, Angst Patienten zu verlieren, Mitarbeitende zu vergraulen, vom Chef eins auf den Deckel zu kriegen, eine schlechte Mundpropaganda zu kassieren oder unternehmerisch ins Straucheln zu geraten. Die Ängste im Nacken verschleissen in jeglicher Hinsicht Unmengen an Energie, führen zu Überbeanspruchung und unnötig langen Arbeitszeiten.
Arbeitsbelastung, Burnout und psychische Erkrankungen
Eine perfektionistische Herangehensweise mag bezogen auf die Zahnbehandlung noch halbwegs erfüllbar sein. Das Berufsbild des heutigen Zahnarztes wird jedoch immer vielfältiger und komplexer. Neben der zahnärztlichen Behandlung sind Sie als Zahnmediziner zusätzlich Betriebswirt, Psychologe, Konfliktmanager, Teamentwickler, Personalmanager, Marketing-Experte, Ausbilder usw. Die dazu nötigen Fähigkeiten wie Neugierde, Selbstreflektion, Einfühlungsvermögen, Kommunikationsgeschick, Zielorientierung, Konfliktfähigkeit, Selbstbewusstsein und Teamfähigkeit werden wie selbstverständlich vorausgesetzt. Bei immer höherem wirtschaftlichem Druck und Bürokratie sollen Sie sich ständig fort- und weiterbilden und sich so ganz nebenbei um eine gelungene Partnerschaft, Familie und die Schule kümmern. Und dabei Ihre eigene physische und psychische Gesundheit erhalten. Werden diese Anforderungen gepaart mit Perfektionismus, hohem Ehrgeiz und extremer Einsatzbereitschaft führt dies unweigerlich dazu, dass sich perfektionistische Zahnärzte über die Grenzen hinaus beanspruchen und erst im Endstadium gezwungenermassen durch eine körperliche Erkrankung oder einen psychischen Zusammenbruch pausieren.
Soweit darf es nicht kommen!
Die Weichen können jederzeit neu gestellt werden. Wie sich Dauerstress in Schach halten lässt und was Sie konkret ändern können, lesen Sie in der nächsten Folge im Februar. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Ängste Ihnen viel Energie rauben, dann vereinbaren Sie jetzt ein kostenloses Kennenlerngespräch und bekommen wertvolle Unterstützung: https://zonza.youcanbook.me
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