Datenschutz: Müssen die Patienten einwilligen, bevor der Zahnarzt kommt?
Viele Zahnarztpraxen legen ihren Patienten neuerdings vor der Behandlung eine Datenschutzerklärung vor, welche über die Beschaffung und Verwendung von Personendaten informiert und aufklärt. So weit, so gut. Darüber hinaus wird aber vom Patienten verlangt, in diese Datenverarbeitung schriftlich einzuwilligen. Was passiert, wenn der Patient nicht einwilligt?
Auch grosse Verbände von Medizinalpersonen stellen auf ihrer Homepage Mustervorlagen für Einwilligungserklärungen zur Verfügung. Sind Zahnarztpraxen nun tatsächlich dazu verpflichtet, eine Einwilligung der Patienten zur Datenvereinbarung einzuholen oder handelt es sich vielmehr um einen (vermeidbaren) Bürokratieaufwand?
Was hat sich geändert?
Im Herbst 2023 trat das neue Schweizer Datenschutzgesetz in Kraft und brachte einige Änderungen mit sich. Viele medizinischen Betriebe, darunter auch Zahnarztpraxen, mussten sich den neuen Regeln anpassen. Ins Zentrum rückte insbesondere eine erweiterte Informationspflicht: Die Zahnarztpraxis muss ihre Patienten über die Datenbeschaffung- und -verarbeitung informieren und sie über ihre Rechte aufklären. Kurzum geht es darum, für mehr Transparenz im komplexen Daten-Dschungel zu sorgen
Was ist wichtig und wie geht's richtig?
Im Gegensatz zur EU-Datenschutzverordnung (DSGVO) bleibt in der Schweiz die Einwilligung nur für spezielle Fälle reserviert. Trotzdem holen Zahnarztpraxen neuerdings massenhaft schriftliche Einwilligungen ein, bevor überhaupt mit der zahnmedizinischen Behandlung begonnen wird. Dies erfolgt meistens in Kombination mit einer Datenschutzerklärung, welche der neu geschaffenen Informations- und Transparenzpflicht Rechnung tragen soll. Es ist grundsätzlich absolut richtig, eine solche Datenschutzerklärung zu erstellen. Diese ist aber in erster Linie als einseitige Erklärung zu verstehen und nicht dafür gedacht, potenzielle Zukunftsszenarien abzudecken, in denen eine Einwilligung der betroffenen Patienten wirklich nötig ist. Vielmehr wird die Einwilligung, wenn nötig, im jeweiligen Behandlungsschritt durch die behandelnden Zahnärzte eingeholt – etwa dann, wenn Proben zur Analyse an Dritte weitergegeben werden.
Der richtige Zeitpunkt
Werden Daten über die Gesundheit einer Person verarbeitet, sind die gesetzlichen Anforderungen in gewissen Fällen höher und ein Einverständnis muss vorab eingeholt werden. Es ist aber sicherlich nicht im Interesse des herausgebenden Zahnarztes, durch vorab eingeholte Einwilligungserklärungen eine Art Vertragsverhältnis zu schaffen, das zukünftige Änderungen erschwert, ohne dabei wirklich zu wissen, ob später eine Einwilligung nötig werden wird. Holt eine Zahnarztpraxis nun solche Einwilligungen ein, so können zukünftige Änderungen in der Datenschutzerklärung im Grunde nicht ohne erneute Zustimmung der betroffenen Person umgesetzt werden. Dieser Umstand beisst sich mit der gesetzlichen Anforderung, dass Datenschutzerklärungen immer auf dem neuesten Stand sein müssen.
Wir empfehlen deshalb, Datenschutzerklärungen so zu verwenden, wie es ihr eigentlicher Zweck vorsieht: als Informations- und Aufklärungstool für die Patienten der Zahnarztpraxis – nicht als unnötige Formulare.
Was passiert, wenn der Patient nicht unterschreibt?
Im Grundsatz darf die Behandlung verweigert werden, wenn der Patient die Einwilligungserklärung nicht unterschreibt. Dies liegt aber nicht an der fehlenden Unterschrift, sondern vielmehr daran, dass die Zahnarztpraxis generell nicht verpflichtet ist, den Patienten zu behandeln.
Als Pendant zur freien Arztwahl besteht nämlich grundsätzlich eine freie Pati-entenwahl für Zahnärzte, wenn kein Notfall vorliegt oder das kantonale Gesundheitsrecht etwas anderes vorschreibt. Da die Einwilligung des Patienten – wie oben beschrieben – in den meisten Fällen jedoch keine gesetzliche Pflicht ist, kann man sich fragen, ob die Ablehnung der Behandlung als Konsequenz einer fehlenden Unterschrift überhaupt die richtige Lösung ist. Davon, eine Zahnbehandlung zu verweigern, weil eine unnötige Unterschrift nicht vorliegt, raten wir ab. Damit verärgert man die Kundinnen und Kunden und dem Datenschutz ist damit auch nicht geholfen.
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