Zahnschaden beim Essen – Unfall oder Krankheit?
Zahnschäden können beim Sport, in der Freizeit oder auch zu Hause entstehen – weder Gross noch Klein bleibt von diesem oftmals schmerzhaften und mühsamen Erlebnis verschont. Die Reparatur des beschädigten Zahnes erfordert schnelles Handeln, denn bei rechtzeitiger Erkennung und korrekter Behandlung können selbst schwer beschädigte Zähne glücklicherweise oft gerettet werden. Welche Kosten übernimmt in solch einem Fall eine Zusatzversicherung des Patienten?
Bei einem Zahnschaden ist nicht nur Zeit bares Geld wert, sondern auch die (richtige) Versicherung für die finanziellen Folgen. Es ist jedoch nicht in allen Fällen klar, ob und welche zahnärztlichen Leistungen bei Zahnschäden von der Versicherung tatsächlich gedeckt werden.
Zahnunfall oder Zahnschaden?
Ein Unfall kann schnell passieren; ein kräftiger Biss auf einen harten Gegenstand und schon fehlt die Hälfte des Zahnes. Zahnschäden entstehen entsprechend häufig durch das Abbrechen oder Beschädigen eines Zahns beim Essen. Juristisch gesehen besteht bereits in diesem Stadium des Schadenfalles eine Unterscheidung, welche sich entscheidend auf die Kostendeckung auswirkt. Verursachte ein «ungewöhnlicher äusserer Faktor» den Zahnschaden, so handelt es sich um einen Zahnunfall. Das Unfallversicherungsgesetz (UVG) sieht vor, dass die mit dem Zahnunfall zusammenhängenden Kosten gedeckt werden. Arbeitnehmende sind für die Unfallkosten bei ihren Arbeitgebern versichert, wobei entweder die Berufs- oder Nichtberufsunfallversicherung zur Kasse gebeten wird. Nichterwerbstätige (speziell Kinder, Jugendliche und pensionierte Personen) sind über die zum Unfallzeitpunkt zuständige, obligatorische Krankenversicherung versichert.
Die Frage, ob ein Zahnschaden im rechtlichen Sinne durch einen «ungewöhnlichen äusseren Faktor» verursacht wurde und deshalb als Unfall zu qualifizieren ist, musste schon mehrmals höchstrichterlich geklärt werden. Das schweizerische Bundesgericht erkannte beispielsweise die Beschädigung eines Zahnes durch einen kleinen Stein in einem Fertigsalat aus dem Supermarkt als Zahnunfall an. Das Bundesgericht erklärte in seinem Urteil, dass von einem Zahnunfall gesprochen wird, sobald der in Frage stehende Gegenstand kein üblicher Bestand-teil des verarbeiteten Materials ist, bzw. sobald es nicht mehr alltäglich oder üblich ist, dass dieser Gegenstand in der Nahrung auftaucht.
Als illustratives Beispiel eines üblichen Gegenstands dient etwa die Dreikönigsfigur im Dreikönigskuchen. In einem früheren Urteil war das Bundesgericht zudem der Ansicht, dass beim Verzehr von Wildfleisch damit gerechnet werden müsse, dass sich Projektilüberreste darin befinden könnten. Entsprechend qualifizierte es den Zahnschaden nicht als Unfall.
Wer federt nun die finanziellen Folgen des Zahnschadens ab, wenn dieser nicht von der Unfallversicherung gedeckt wird? Wird dennoch die obligatorische Krankenversicherung leistungspflichtig oder muss der Patient die Kosten vielmehr selbst tragen?
Zahnschaden als Krankheitsbild?
Kann man bei einem Zahnschaden also nicht von einem Unfall sprechen, so stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage, ob es sich dabei nicht auch um eine Krankheit handeln könnte. Diesfalls würde immerhin die obligatorische Krankenversicherung des Patienten für die Behandlungskosten aufkommen.
Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) führt in seinem Leistungskatalog zwar zahnärztliche Behandlungen auf, diese werden aber nur übernommen, wenn sie Erkrankungen des Kausystems oder schwere Allgemeinerkrankungen sowie deren Behandlung betreffen. Zahnschäden sind hiervon ausgenommen.
Liegt auch kein Krankheitsfall vor, müssen die Patienten die Behandlungskosten selbst tragen, wenn sie keine Zusatzversicherung für Zahnschäden abgeschlossen haben.
In diesem Fall ist Vorsicht geboten, wenn im nächsten Januar der Dreikönigskuchen aufgetischt wird.
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Rechtliche Grundlagen für den zahnmedizinischen Alltag in Praxis und Labor
Streichenberg und Partner ist eine auf das Gesundheitswesen spezialisierte Anwaltskanzlei, die Zahnärztinnen und Zahnärzte, andere Medizinalpersonen sowie Unternehmen in rechtlichen Fragen berät. In der Kolumne behandeln die Expertinnen und Experten regelmässig aktuelle Rechtsfragen im Gesundheitswesen.
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