«Es ist heute schwieriger, eine freie Stelle zu besetzen»
Die Themen Stellenvermittlung und Fachkräftemangel sind seit ein paar Jahren präsenter denn je. Auch Zahnarztpraxen und Dentallabore stehen zunehmend vor der Herausforderung, qualifiziertes Personal zu finden. Vor rund vier Jahren ging die kostenlose Plattform www.dentaljobs24.ch online. Seit wenigen Tagen gibt es eine modernisierte Website. Diese bietet jetzt neben einer verbesserten Stellenvermittlung auch einen kostenlosen Marktplatz für Dentalprodukte. Was es damit auf sich hat und wie sich die Plattform weiterentwickelt hat, haben wir von Dr. Oliver Centrella im Interview erfahren.
ZZS: Dr. Centrella, was war Ihre Hauptmotivation zur Erschaffung einer kostenlosen Stellenvermittlungsplattform?
Centrella: Der Hauptgrund für den Schritt vor vier Jahren war die veränderte Situation durch die neue Jobplattform der SSO. Während bis zu diesem Zeitpunkt der Grossteil der Inserate bei der SSO zu finden waren, änderte sich dies plötzlich. Viele neue Anbieter kamen auf den Markt, die Kosten stiegen signifikant. Der Markt der Stellenanbieter war innerhalb relativ kurzer Zeit sehr fragmentiert.
ZZS: Wie hat sich denn der Stellenmarkt in den letzten vier Jahren verändert?
Centrella: Wir sehen heute eine noch immer fragmentierte Situation mit vielen verschiedenen Stellenanbietern. Dies bedeutet leider, dass man auf mehreren Plattformen inserieren muss, um den Markt wirklich breit abzudecken. Abgleiche und Befragungen haben ergeben, dass teils auch nur auf lokalen Plattformen inseriert oder gesucht wird. Entsprechend ernüchternd sind teilweise die Suchergebnisse. Positiv ist jedoch, dass viele Angebote sich zu Gunsten der Inserenten verbessert haben. Preise sind teils wieder gesunken und die Inseratedauer hat sich bei gewissen Anbietern sogar verdoppelt.
ZZS: Sehen Sie das auch als Erfolg von www.dentaljobs24.ch?
Centrella: Es war das Ziel meiner Kollegen und von mir, eine Alternative zu der damaligen, sehr unbefriedigenden Situation zu finden. Und ja, wir denken, dass unsere kostenlose Plattform bei den Preisüberlegungen und generell Konditionen anderer Mitbewerber berücksichtigt werden musste bzw. wird.
"Unisono bekommen wir die Antwort, dass es schwieriger und teurer wurde, eine freie Stelle zu besetzen"
ZZS: Das Thema Fachkräftemangel ist in aller Munde. Wie hat sich die Jobsituation in den vergangenen Jahren Ihrer Meinung nach entwickelt?
Centrella: Die Feedbacks, welche wir von Kolleginnen und Kollegen bekommen, und auch die selbst gemachten Erfahrungen, weisen leider alle auf eine erschwerte Situation hin. Unisono bekommen wir eigentlich die Antwort, dass es schwieriger und teurer wurde, eine freie Stelle zu besetzen.
ZZS: Was denken Sie, warum sich der Markt so entwickelt hat?
Centrella: Der Markt hat sich schon immer verändert. Aber seit ich mich erinnern kann – und das höre ich auch von Kollegen – nie so massiv wie in den letzten drei bis vier Jahren. Einerseits gibt es eben diesen fragmentierten Markt seit wenigen Jahren und die wenigsten können oder wollen es sich leisten auf mehreren Plattformen zu inserieren. Mit der Ausschreibung nur auf einer Plattform erreicht man entsprechend nur eine beschränkte Anzahl an potenziellen Arbeitskräften. Andererseits gab es eine grosse Entwicklung und die heisst Covid!
ZZS: Welche Auswirkungen sehen Sie da konkret?
Centrella: Rein auf die Mitarbeiter bezogen bedeutete Covid viel Stress, viele Masken, generell viele Hygienemassnahmen und – ganz wichtig – die Sorge um die eigene Gesundheit. Ich denke die Dentalbranche war extrem exponiert. Ich möchte nur einmal Aerosole durch die Behandlung erwähnen, direkt an unseren Köpfen! Wenn dann eventuell ein Jobangebot einer Krankenkasse oder einer Versicherung kommt, ohne Kontakt mit ängstlichen, gestressten Patienten, die es sich eventuell auch leisten können, noch etwas mehr zu bezahlen, wird es herausfordernd. Da ist nur ein Teil der Problematik. Aber sicher ein wichtiger.
ZZS: Was raten Sie KollegInnen?
Centrella: Ich denke es ist heute wichtiger denn je, Wertschätzung und ein spannendes Arbeitsumfeld zu bieten. Dies bindet Menschen und reduziert den Job nicht auf eine reine Geldquelle. Es ist auch wichtig, Lehrlinge gut auszubilden und sie nicht nur als günstige Arbeitskraft zu sehen. Dass eine Mitarbeiterin einen dem Jahr 2024 adäquaten Lohn benötigt, um zu leben, versteht sich von selbst. Ich denke Mitarbeiter kann man fordern, man soll sie aber auch fördern!
ZZS: Sie haben vor ein paar Tagen eine rundum erneuerte Plattform lanciert. Was unterscheidet sie von der vorherigen Plattform?
Centrella: Wie bereits bei der vorhergehenden Seite haben wir viel Wert auf die Funktionalität gelegt. Stellenanbieter und Stellensuchende sollen sich finden, ohne viel Make-up, das nichts bringt. Aber ja, das Design war bisher eher rudimentär und ist nun modern. Wir haben viele Funktionen überarbeitet und Details verfeinert bzw. optimiert. Es gibt für Stellenanbieter sowie für Arbeitssuchende Verbesserungen, die die Nutzung unserer Plattform verbessern. Die neue Plattform ist nun in Deutsch und Englisch verfügbar, weitere Sprachen werden in den nächsten Monaten folgen. Damit können wir ein breiteres Publikum ansprechen und erreichen nicht nur Nutzer aus dem deutschsprachigen Raum. Diese Änderungen werden es uns ermöglichen, die Plattform auch anderen Ländern anzubieten! Wir sind dann nicht mehr nur für die Schweiz verfügbar.
ZZS: Was für Neuigkeiten gibt es für Stellenanbieter?
Centrella: Es gibt einige Veränderungen oder vielleicht besser Ergänzungen, die ich gerne näher erläutern will: Es gibt eine erweitere Auswahl an Stellentypen. Neu können nun beispielsweise auch explizit Stellen für Auszubildende (Lehrlinge) ausgeschrieben werden, die somit leichter zu finden sind. Die Suche wurde ein wenig verfeinert. In der neuen Version können nun Praxen sowie Labore mehrere Standorte mit einem Account managen und für verschiedene Standorte verschiedene Ansprechpartner angeben. Die Stelleninserate werden dann im Dashboard pro Standort gruppiert für eine bessere Übersicht.
"Die Arbeitssuchenden haben die Möglichkeit, ein detaillierteres Profil zu erstellen, das ihren Lebenslauf darstellt."
ZZS: Und was hat sich für die Arbeitssuchenden geändert?
Centrella: Für Arbeitssuchende hat sich auch einiges geändert. Wie bereits erwähnt, können nicht nur Stellenanbieter Lehrstellen anbieten, sondern auch Auszubildende oder generell natürlich Stellensuchende ein Profil erstellen und somit von Praxen und Laboren gefunden werden. Soweit mir bekannt, bietet sonst niemand diese Funktion an. Die Arbeitssuchenden haben so die Möglichkeit, ein detaillierteres Profil zu erstellen, das ihren Lebenslauf darstellt. Damit meine ich, dass die Kandidaten nun detailliert ihre Arbeitserfahrung sowie den schulischen Werdegang angeben können. Mit dieser Möglichkeit können sie sich von anderen Kandidaten differenzieren. Die Suche nach einer Stelle ist natürlich auch anonym möglich. Die personenbezogenen Daten werden mit einem Klick anonymisiert. Die Stellenanbieter können in diesem Fall zwar die Ausbildung und die vorherige Arbeitserfahrung sehen, aber alles zunächst anonym. Potenzielle Kandidaten können Stellenanbieter mit unserer Kontaktfunktion anschreiben, welche dann per E-Mail im Postfach landet. Der Suchende kann das mögliche Startdatum sowie die gesuchten Stellenprozente angeben. Wer nicht mehr in der Kandidatenliste auftauchen möchte, kann das tun, ohne das Profil zu löschen. Einfach ein Häkchen setzen, ob man zurzeit auf der Suche ist oder nicht.
ZZS: Ganz neu ist auf der Homepage prominent ein Marktplatz für Dental-Equipment zu finden. Was hat es damit auf sich?
Centrella: Auf dem Marktplatz bietet sich die Möglichkeit, nicht mehr benötigte Dentalartikel innerhalb der Dentalcommunity zu inserieren. Das ist vollkommen kostenlos, wie bereits die Jobplattform.
ZZS: Wie kam es zu der Idee und wie läuft das dann konkret ab?
Centrella: Der Marktplatz ist aus meinem eigenen und aus dem Bedürfnis einiger befragter Zahnärzte entstanden: Wer kennt die Situation nicht: Über die Jahre hinweg kauft man viele Geräte und Artikel für die Praxis – einige gliedert man in den tagtäglichen Ablauf ein, andere schaffen das nicht. Was tun? In der Regel «verstauben» die Sachen dann oder das Ablaufdatum rückt näher, bis sie dann eines Tages einfach entsorgt werden. Da unsere Investitionen und Materialien in der Regel jedoch recht kostspielig sein können, bietet es sich an, sie einem Kollegen oder einer Kollegin weiterzugeben, die genau diesen Artikel sucht. Eine Win-Win-Situation für alle. Wie die Stellenvermittlung ist auch der Marktplatz eine Friend-to-friend-Dienstleistung – also kostenlos. Natürlich gibt es auch andere Plattformen wie beispielsweise Ricardo.ch oder Tutti.ch. Bei uns ist der Marktplatz aber rein auf Dentalprodukte fokussiert und es treffen sich nur Pesonen aus der Dentalbranche. Man kennt sich sozusagen.
"Man macht Fotos vom Artikel, sucht die passende Kategorie, beschreibt das Produkt kurz und zum Schluss legt man noch einen Verkaufspreis fest. Fertig!"
ZZS: Was muss ich tun, wenn ich etwas verkaufen möchte?
Centrella: Das ist ganz einfach: Man macht zwei oder drei Fotos vom Artikel, sucht die passende Kategorie aus und beschreibt das Produkt kurz. Zum Schluss legt man noch einen Verkaufspreis fest. Dann kann noch ausgewählt werden, ob ein Postversand möglich ist oder der Artikel abgeholt werden muss. Das ist schon alles.
ZZS: Wie geht es jetzt mit der Plattform weiter? Denn wir haben etwas von einem Rücktritt Ihrerseits gehört.
Centrella: Ja, das ist richtig. Ich habe vor rund vier Jahren den Stein ins Rollen gebracht und Ideen eingebracht. Jetzt werde ich mich vollständig aus dem Geschäft zurückziehen. Der Führungsstab wird an unseren sehr engagierten Kollegen und IT-Ingenieur Djordje Petrovic übergeben, der von Anfang an dabei war. Er wird die Seite weiterhin unterhalten und vorantreiben. Viele Ideen der Umsetzung der neuen Plattform kommen schon von ihm und sind sehr innovativ. Ich freue mich sehr für Djordje und wünsche ihm nur das Allerbeste.
ZZS: Dentaljobs24.ch ist auch Partnerschaften eingegangen – insbesondere auch mit der ZZS. Können Sie kurz erläutern, was das den Besuchern Ihrer Plattform bringt?
Centrella: Neben den Stellenausschreibungen und dem Marktplatz haben User unserer Homepage ab sofort auch immer direkten Zugriff auf die aktuellsten News der ZZS Zahn-Zeitung Schweiz. Durch diese Partnerschaft wird die Plattform bekannter und der Markt breiter abgedeckt. Und es kostet ja nichts, bei uns zu inserieren.
ZZS: Im Gegenzug können unsere Website-Besucher direkt von www.zahnzeitung.ch aus auf die Stellenangebote und den Marktplatz auf www.dentaljobs24.ch zugreifen. Das spart Zeit und wertet beide Internetplattformen deutlich auf. Wir freuen uns sehr über die Kooperation.
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